«Jede Meinung ist wertvoll»

(Zitat Gemeindepräsident)

Gemeindeversammlung vom 15. Juni 2022 in Fällanden

Ich nahm die Aussage des Gemeindepräsidenten (GP) ernst und meldete mich nach Eröffnung der Diskussion zur Entschädigungsverordnung zu Wort. Das misslang weitgehend, unterbrach doch eine Dame von der linken Saalseite den Vortrag und verlangte lauthals Redezeitbeschränkung auf 3 Minuten, was dann von einer Mehrheit der Anwesenden gutgeheissen wurde (nur dieses Mal!). Eine Dame noch weiter links im Saal meinte dann, noch eine persönliche Attacke reiten zu müssen. Obwohl diffamierend und ohne Bezug zum Geschäft liess der GP die Wortmeldung zu.

Mein Votum hätte ca. 8 Minuten gedauert. Die gewonnene Zeit konnte dann für die Eloge auf den abtretenden Hochbauvorstand durch den GP investiert werden, die jeden erschauern liess, der nur ein wenig mit der Gemeindepolitik vertraut ist. Ich hätte ja eigentlich folgendes sagen wollen:

Guten Abend, sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Roland Baldinger, ich wohne in Fällanden.

Ich erlaube mir, mich zum Traktandum 5: Entschädigungsverordnung zu äussern. Wir sind am Ende einer Legislatur: Ende Monat hört die Amtszeit der vor 4 Jahren gewählten Behörden auf und die vor 3 Monaten gewählten Mitglieder treten ihr Amt an.

Zeit zum Bilanz ziehen, wie es in der Privatwirtschaft üblich, ja sogar obligatorisch ist in Form eines Zeugnisses. Für die wiedergewählten Personen ist es ein Zwischenzeugnis.

So darf ja durchaus auch die Arbeit der Behörden vom Souverän (Arbeitgeber) gewürdigt werden, auch im Lichte der Legislaturziele des Gemeinderates. Sicherlich wurde auch gute Arbeit geleistet. Diese Würdigung kann meines Erachtens für den Gemeinderat trotzdem nur durchzogen ausfallen, auch unter dem Aspekt der Bürgernähe und Kommunikation.

Man begründet die höheren Entschädigungen u. a. mit der gestiegenen Komplexität der Aufgabe. Von Entlastung spricht niemand: so lässt man serienweise Fragen durch externe, teure Studien beantworten, das Sozialamt lagert einen Grossteil der Arbeit nach Uster aus und die Schule – nunmehr zur Politischen Gemeinde gehörig – verfügt über einen Verwaltungsstab von 9 Personen (ich war mal in der Schulpflege, da waren’s noch deren 2).

Würde die Arbeitslast wirklich zu gross sein, hätten Gemeinderäte nicht Zeit gefunden, sich in zahlreichen Marginalien und vermeidbaren Fehlleistungen zu verlieren. Sieht man vom Zeitbedarf für solches Tun ab, bliebe durchaus Zeit für eine ordentliche Geschäftsführung.

Ich sehe daher nicht ein, wenn man sich für die insgesamt durchzogene Leistung nun noch mit höheren Entschädigungen bedienen will. Ich möchte das anhand einiger Beispiele auch begründen:

Schon vor der zu Ende gehenden Legislatur leisteten sich heute noch wirkende GR Erstaunliches in Sachen Altersheim: Eine Betriebsanalyse sprach von „mangelhafter strategischer und operativer Führung“. Resultat bis heute: viele hunderttausend Franken Verlust.

Frage an die GR-Kandidaten anlässlich des Wahlpodiums vom März 2018: „sind Sie für oder gegen den Abbruch des alten Schulhauses“: kollektives Schweigen, bis der GP-Kandidat meinte, das sei halt Geheimhaltungspflicht. Zwar war er selbst auf dem Wahlflyer gegen den Abbruch. Das versteht man unter Transparenz.

Trotz Überlastung fand der Hochbauvorstand 2018 noch genügend Zeit für sein Engagement betreffend Unterschutzstellung der Siedlung Sängglen gegen eine Mehrheit der Eigentümer. Bemerkenswert: ein Bürgerlicher ruft nach dem Staat, wenn es ihm nützt.

Schulhausneubau Lätten: Verlegung Werkleitungen auf Kosten Gemeinde CHF 615 k. Nicht im bewilligten Kredit der SG. Übrigens: die Bauabrechnung fehlt noch immer. Längst nach Fertigstellung des neuen Lätten-Schulhauses mit Tiefgarage war der PP vor der Zwicky noch immer abgesperrt und durch Lehrer belegt.

Nur auf Druck der Bevölkerung musste der GR vom Abbruch der Personenunterführung vor dem Lättenschulhaus Abstand nehmen und sie vom Kanton übernehmen. Leider ist sie nun völlig missraten: die talseitige Treppe macht sie unbrauchbar für ältere Leute mit mobilen Einkaufstaschen, Frauen mit Kinderwagen sowie Rollstuhlfahrer. Angeblich günstigste Lösung. Richtiger Grund: die Gemeinde liess es zu, dass die Schule die Gartengestaltung ohne Baufreigabe realisierte und so ein Präjudiz schuf.

Der Gemeinderat gibt sich zeitgemäss grün. Inzwischen gibt es eine Naturschutzkommission , wir bauen Hecken und wir retten offiziell Bienen für CHF 250 k aus der Gemeindekasse. Das hinderte den GR nicht, 2018 eine Vorlage zu bringen für einen Kunstrasen, wo jährlich tonnenweise Kunststoffgranulat in die Natur gelangen. Das neueste
no-go ist das weitgehend von der Gemeinde finanzierte Pfadiheim „Kleinhirn II“, wo doch sage und schreibe eine Elektroheizung eingebaut ist. Zur Erinnerung: 2007 liess sich Fällanden als Energiestadt feiern.

Umzonung KiGa Breiteli: Vorlage des GR für Umzonung trotz Raummangels der Schule musste von der GV gestoppt werden. Nur dadurch bleibt die Liegenschaft für die Bedürfnisse der Schule erhalten.

Parkplatz beim Bruggacher-Kreisel: unsinnige weisse Pfosten, Ketten, Bemalung etc, heute weitgehend zerstört. Begründung GR: „Lastwagen würden dort oft pausieren“. Im PP-Konzept wurden keine brauchbaren LKW-Plätze vorgesehen, dafür ein Chaos-Spielplatz an der Dübendorfstrasse. Wo denn sollen die LKW-Fahrer die obligatorischen Pausen machen? Was sind wir in Fällanden ohne die Versorgung durch Lastwagen?

2019 fand der GR Zeit, die SVP abzumahnen wegen angeblich missbräuchlicher Verwendung des Gemeindelogos. Juristen mussten ran für diesen Unsinn. Derweil dasselbe Logo auf einer privat finanzierten Tafel vor der Post noch heute prangt.

Im gleichen Jahr begann dann das komplett verunglückte Engagement des GR für ein „Ladencafé“ in Pfaffhausen: völlig konzeptlose, überrissen teure Vorlage (CHF 612 k max.) des GR. Aufgrund eines Bürger-Rekurses dann kassiert durch den Bezirksrat wegen Verletzung der Ausstandspflicht zweier GR-Mitglieder.

Angriff des GR auf den Bezirksrat mit falschen Aussagen, die zwei Tage später zurückgenommen werden mussten, ebenso mit falscher Begründung. Noch im Oktober 2020 legte der GR das Engagement eines Mitgliedes in der Genossenschaft „Ladencafé Pfaffhausen“ nicht offen wie selber festgelegt. Weiterverfolgung des Projektes mit denselben Leuten, neue, nun über Nacht billigere Vorlage. Bis heute keinerlei Ergebnis ausser einem laufenden Prozess betreffend Veruntreuung von Adressmaterial im Hochbauamt. Ernsthafte Bewerber wurden an der Nase herumgeführt, teilweise mit unhaltbaren Aussagen. Kollateralschaden: rund CHF 100 k Mietzinsausfall. Ein Mietvertrag wird nicht offengelegt.

Teure externe Studie über die Zufriedenheit des Gemeindepersonals. Könnte das Kader ja auch selbst feststellen, z. B. an der Personalfluktuation und den horrenden Springerkosten. Allein im Hochbau- und Sozialamt fielen innerhalb eines Jahres (18/19) Kosten von über CHF 340 k an.

Neue Gemeindeordnung: etliche Parteien und Personen nahmen sich die Mühe, ihre Meinung einzubringen. Resultat: nichts, ausser dass an der dritten Orientierungsveranstaltung die pfannenfertige GO präsentiert wurde mit 8 GR, wovon im Vorfeld nie die Rede war. Wollte man die Einheitsgemeinde nicht versenken, musste man diese Kröte schlucken. Transparenz und Bürgernähe nach Fällander Art.

2021 fand der Hochbauvorstand trotz Ueberlastung Zeit, die Entfernung der Fassadenmalerei an der Kehrstrasse zu verfügen. Männiglich freute sich am Bild, Einsprachen erfolgten keine, aber weg musste es (mit Bezug auf das dortige, schmucke Tretautomuseum). Für den Kampf gegen die Schmierereien überall in der Gemeinde bleibt dann natürlich keine Zeit.

Ebenfalls 2021 machte die Gemeinde bekannt (nicht die KG!), dass ihr die KG das alte Schulhaus angeboten habe. Eine neue Variante allseitiger Konzeptlosigkeit, denn die KG bot das Haus bereits früher dem Kanton an zum Abbruch. Nun soll also im September die Gemeinde zum Handkuss kommen, allerdings frei von Bedingungen, dafür überteuert, was im Klartext heisst: zum Weiterverkauf an den Kanton zum Abbruch. (Dieser baut nächstes Jahr die Strasse von Dübendorf her aus und will die Kreiseleinfahrt auf 12 – 14 m verbreitern). Noch mehr Verkehr, weiterhin keine Lösung des Verkehrsproblems am Sternenkreisel. Tägliches Stauchaos. Dafür wurde die 30er-Zone in Pfaffhausen realisiert. (Kann auf «Inside Fällanden» nachgelesen werden).

Seit vier Jahren wird ein wechselnder Betrag budgetiert für die dringende Hochwassersanierung des Zilbaches. Resultat: nichts, ausser dass private Bauwillige die teuren Konsequenzen tragen sollen. Nachfragen beim Hochbauamt: „andere Prioritäten“ Ein weiterer involvierter GR kennt die Budgetposten nicht.

Ich beantrage daher, die Entschädigung wie folgt zu gestalten:

  • Gemeindepräsident, Gemeinderäte: Entschädigung belassen auf bisheriger Höhe
  • Schulpräsident: gleiche Entschädigung wie Gemeinderäte (er ist gemäss Art. 28 GO Mitglied des GR).
  • Mitglieder Schulpflege reduzieren auf die vorgeschlagenen 28 k

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Roland Baldinger

PS: „Jede Meinung ist wertvoll“. Sofern sie mir passt.

Eine Antwort auf „«Jede Meinung ist wertvoll»“

  1. Fällander Gemeindeversammlungen sind stets eine Teilnahme wert. Sei es, wenn eine «unzählige Traktandenliste» abgearbeitet werden muss (der Apéro lockt) oder angeblich Voten zu nichtzutreffenden Traktanden abgegeben werden. Beliebt ist die Redezeitbeschränkung, sie zwingt sicher zu kurzen Erläuterungen, schränkt aber auch die Meinungsfreiheit ein. Wie dem auch sei! Beschämend, aus meiner Sicht, ist die geringe Beteiligung. Meist wird nur der Eigensinn geprägt. Dies kann man natürlich auch als Demokratie empfinden. Demokratie heisst aber auch, dass man sich Zeit nimmt Anliegen und Aufgaben der Gemeinde zu verstehen, zu vertreten und andere Meinungen zu tolerieren.

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