Freie Meinungsäusserung in der Gemeinde

«Inside Fällanden» berichtet nicht zum ersten Mal über das Spannungsfeld, in welchem sich namentlich Lokalpublikationen befinden.

Die sechs Enthusiasten, die diese Plattform ehrenamtlich betreiben, haben sich den gemeindeinternen Meinungsaustausch auf die Fahne geschrieben. Mit grossem Einsatz und kleinem Budget. Ganz ohne Steuergeld. Basis ist ein privater Verein; die Publikation ist unabhängig, zensurfrei und offen für alle. Und sie erzielt Resultate, denn darin können sich Bürger frei artikulieren, Ereignisse loben, Schönes und Fröhliches schreiben oder sich mit der Behördentätigkeit auseinandersetzen.

2024 gibt es «Inside Fällanden» bereits seit vier Jahren und ist zu einem lokalpolitischen Faktor geworden dank der stark steigenden Anzahl Fällandern, die sich die Publikation zur freien Meinungsäusserung zunutze machen. Danke an alle!

Nicht alle sehen das indessen so. Sieht man die Legislaturziele 2022 – 2026 des Fällander Gemeinderates an, so liest man bezüglich Kommunikation folgendes:

Da soll (4.1) der Einsatz von Print- und elektronischen Medien den «Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst» werden. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, sofern nicht wieder ein verunglücktes Update der Gemeinde-Website dabei herauskommt. Versuchen Sie z. B. einmal die aktuell gültige Gemeindeordnung zu finden. Viel Glück.

Erst wird einmal ein Projekt gestartet, dann ggf. ein Submissionsverfahren, dann entschieden zuhanden des Budgets 2025. Wird wohl richtig teuer. Was der GR bis heute entschied, wird nicht kommuniziert (geht es hier nicht um Kommunikation?). Ein Entscheid der Gemeindeversammlung für das Budget 2025 ist geplant auf das 2. Quartal 2024. Die Realisierung jedoch bereits ab dem 3. Quartal 2024. Eine Nachfrage auf der Gemeindeverwaltung ergab nichts.

Parallel dazu (4.2) will der GR die «Nutzung einer digitalen Austauschplattform einführen». Auch hier: Projekt, Evaluation, Entscheid zuhanden des Budgets 2025, aber Realisierung bereits vorher.

Würde der GR nur etwas südlich über die Gemeindegrenze hinausschauen, hätte er Anschauungsunterricht, was dabei herauskommt, wenn Behörden publizistisch tätig werden wollen: die anhaltenden Querelen in Sachen «Maurmer Post» sind ein Lehrstück, wie es endet, wenn nicht kompatible Interessen unter einen Hut gepackt werden.

In der NZZ vom 18. April 2024 analysiert der Journalist Robin Schwarzenbach die Geschichte.

Das Urteil ist wenig schmeichelhaft für die Entscheidungsträger. Einem jährlichen Budget zulasten der Steuerzahler von CHF 200.000 bis 300.000 (je nach Quelle) stehen endlose Probleme gegenüber. Beteiligte und Stichworte sind: die Steuerzahler, der Gemeinderat, eine Kommission, der Chefredaktor und sein Team, unabhängige Zeitung vs. Sprachrohr der Gemeinde, arbeitsrechtlicher Konflikt, Rekurse, Zensur, Inhalte überwachen, Arbeitsgruppe des Gemeinderates.

Der NZZ-Journalist stellt am Schluss die Gretchenfrage: «Eine Gemeinde, die eine Zeitung finanziert, die unabhängig über die Gemeinde berichten soll – geht das wirklich zusammen?».

Zum Glück stellt sich diese Frage in Fällanden nicht – noch nicht.

Weshalb dann trotzdem das Ressort Präsidiales ein voraussichtlich teures Projekt aufgleisen will, wissen wir nicht. Umso weniger, als dass in der Gemeinde Gossau ZH ein ähnlicher Streit ausgebrochen ist.

Vielleicht sieht der Gemeinderat aber auch die Lösung in einer vertieften Kooperation mit dem Lokalblatt. Eine Publikation, die meistens zu spät kommt und mit kritischen Leserbeiträgen nicht immer pfleglich umgeht.

Ein Trost ist, dass der «Fällander Weg» ggf. an der nächsten Budget-Gemeindeversammlung aus dem Voranschlag gestrichen werden kann.

PS: soeben stellt der Gemeinderat in Aussicht, im Anschluss an die kommende Gemeindeversammlung über die Legislaturziele 2022 – 2026 zu informieren.

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