Am 9. Februar 2025 stimmt Fällanden ab über die Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal (AZS).
Ausgliederung heisst in diesem Zusammenhang, dass der Gemeinderat nicht mehr direkte Führungsverantwortung wahrnimmt, sondern diese auslagert an eine zu schaffende Organisation im Eigentum der Gemeinde.
Nach Eröffnung 2004 – seit 2014 bis heute im Kompetenzbereich zweier aktueller Mitglieder des Gemeinderates – fuhr das AZS bis 2023 ununterbrochen Defizite ein, was einen kumulierten Verlust von CHF 7.63 Mio. ergibt. Jetzt soll das AZS in eine Aktiengesellschaft überführt werden.
Das Vorhaben ist ja nicht nur falsch: Sowohl das Ressort Gesellschaft als auch die Gemeindekanzlei sind offensichtlich überfordert mit der Verantwortung für das AZS bzw. für deren Personalwesen. Die kolossale Geldverbrennung in Millionenhöhe ist nur eines der unbefriedigenden Ergebnisse. Eine Verbesserung ist längst überfällig. Eine externe Betriebsanalyse zeichnete bereits 2019 ein in weiten Teilen sehr schlechtes Bild des AZS und damit der politisch Verantwortlichen.
Leider verpasst nun der Gemeinderat (GR) erneut eine Gelegenheit, über ein wichtiges Projekt sachgerecht und verständlich zu informieren.
Am 2. Dezember 2024 orientierte der GR in der Zwickyfabrik über die Vorlage. Kritische Fragen zu den finanziellen Konsequenzen wurden abgeblockt. Das naturgemäss ältere Publikum verliess die Präsentation, ohne sich wirklich ein Bild machen zu können für eine Stimmabgabe.
Auf der Gemeinde-Webseite sind die dazugehörigen Unterlagen aufgeschaltet. Diese dienen aber eher der Verwirrung als einer guten Information. Wann lernt es der GR, eine Vorlage in ihren wesentlichen Teilen klar, knapp und sachgerecht darzustellen?
Eines von den 18 verfügbaren Dokumenten ist der Auszug aus dem Protokoll der Sitzung des GR vom 22. Oktober 2024. Dort ist derAusgliederungserlass genannt, über den wir ausschliesslich abstimmen können:
«Der Gemeinderat unterbreitet Ihnen gestützt auf Art. 9 Ziff. 3 der Gemeindeordnung vom 13. Juni 2021 folgende Vorlage zur Urnenabstimmung:
Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft namens ‹Sunnetal AG› im vollständigen Eigentum der Gemeinde Fällanden auf den 1. Januar 2026.
Die Abstimmungsfrage / der Antrag lautet:
Stimmen Sie der Ausgliederung des Alterszentrums Sunnetal auf den 1. Januar 2026 und damit der Verordnung über die Sunnetal AG (Ausgliederungserlass) zu?»
Abstimmungsempfehlung des Gemeinderats «JA»
Damit beginnt bereits die unsorgfältige Präsentation des Geschäftes: Hier – und dann in vielen Dutzend Wiederholungen – sprechen die Dokumente von einer «gemeinnützigen Aktiengesellschaft» oder «gAG». Später sogar «Als Rechtsform wird eine Aktiengesellschaft mit gemeinnütziger Ausrichtung gewählt». Allerdings gibt es eine solche im OR nicht. Allein die Statuten formulieren eine gemeinnützige Zweckbestimmung, welche aber auch der Regierungsrat bestätigen muss, was hier noch aussteht. Obwohl die Gemeinnützigkeit in Art. 1, Absatz 3 des Ausgliederungserlasses definiert wird, wiederholt man diese dauernd durch alle Texte hindurch wie in einem schlechten Werbetext. Immerhin nennt die Abstimmungsfrage ein paar Zeilen weiter unten nur noch die «Sunnetal AG».
Im Beleuchtenden Bericht vernehmen wir weiter: «Die derzeitige Führung des AZS als unselbständige Abteilung der Gemeindeverwaltung bietet zwar die finanzielle Sicherheit, schränkt jedoch die Flexibilität und Agilität ein, wenn rasches und unternehmerisches Handeln erforderlich ist.» (Seite 3).
Steht denn die Gemeinde als 100%ige Eigentümerin einer AG nicht genauso im vollen Risiko?
Weiter unten lesen wir: «Künftig bestimmen die Stimmberechtigten von Fällanden nicht mehr über Investitionen, Budget und Jahresrechnung. Ihnen bleibt aber die Entscheidungskompetenz über die Genehmigung und allfällige Änderung der Ausgliede-rungsverordnung sowie über die Eigentumsverhältnisse, da Aktienverkäufe nur mittels Urnenabstimmung möglich sind.»
Wie können wir die «Ausgliederungsverordnung» ändern? Oben fragt man nur nach JA oder NEIN.
Die ganze Übung wird durch ein «Beratungsgremium» begleitet, obwohl zwei amtierende Gemeinderäte seit Jahren für das AZS zuständig waren bzw. sind. Man muss fehlende Kompetenz vermuten, wie auch sorgloser Umgang mit Steuergeld.
Auf den Seiten 8 und 9 wird in einer Art und Weise von Zahlen berichtet, die jegliche Transparenz vermissen lässt. Die Vorteile der Ausgliederung werden mit den bisherigen Jahresverlusten verglichen (für die der GR ja selbst verantwortlich ist) und entsprechend gepriesen. Und die dargestellten Defizite sind auch nur die halbe Wahrheit: 2016 – 2023 betragen diese sagenhafte CHF 2.9 Mio, unter Vollkostenkalkulation noch viel mehr (im Bericht über die Trägerschaft steht die andere Hälfte der Wahrheit, nämlich, wie erwähnt, CHF 7.63 Mio).
Das Gründungs-AK von CHF 1.27 Mio, erfolgt im Text einmal mittels Bareinlage, weiter oben mittels Sach- und Bareinlage.
Was gilt?
Der Aufwand der Gemeinde für die Bareinlage (CHF 1.27 Mio), die geplante Übergangsfinanzierung (CHF 1.2 Mio) sowie die Projekt- und Initialisierungskosten (0.33 Mio) beträgt in den Jahren 2025 – 2027 insgesamt ca. CHF 2’800’000. Davon erhält die Gemeinde nur Aktien der künftigen AG im Nominalwert von CHF 1.27 Mio. Der Rest ist Aufwand.
Es wird eine Vermögensübertragung von CHF 7.4 Mio genannt, das AK dann nur mit CHF 3.4 Mio (1.27 plus 2.13 Mio Erhöhung), während die Reserven bei Betriebsbeginn jedoch CHF 4.0 Mio. betragen.
Weshalb die designierte Präsidentin eines künftigen Verwaltungsrats lange vor einer Annahme des Geschäftes an der Urne offiziell bekannt ist, bleibt das Geheimnis des GR (auch dafür gibt es natürlich eine Studie). Wer von den Gemeinderäten im VR Einsitz nimmt, ist offen. Weshalb diese Einsitznahme ex officio noch mit einem Honorar vergütet werden soll, ist unverschämt, entfällt doch für diese Person mehr Arbeit, als hinzukommt.
Die neue AG soll «periodisch Bericht erstatten». Warum ist man auch hier schwammig? Sie muss es alljährlich innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres tun. Sinnigerweise würde man das mit den Budget- und Rechnungs-Gemeindeversammlungen synchronisieren.
Art. 5, Abs. 1 der Ausgliederungsverordnung sagt: «Die Gesellschaft finanziert sich grundsätzlich selbst».
Weshalb soll dann der neuen AG eine «Übergangsfinanzierung à fonds perdu» anstelle eines (ganz oder teilweise rückzahlbaren) Kredites in der Höhe von CHF 1.2 Mio zur Sicherstellung der Anfangsliquidität mitgegeben werden?
Im Statutenentwurf steht z. B.: «die Gesellschaft kann Liegenschaften im … Ausland erwerben». Auch wenn es sich nur um einen Entwurf handelt: eine solche Allerweltsklausel gehört entfernt. Es zeigt nur, wie unsorgfältig gearbeitet wird.
Der Brückenvertrag Personal wird zu heute nicht bezifferbaren Folgekosten führen.
Man hätte auf einem Blatt Papier darlegen können, welcher Vermögensabfluss in der Gemeinderechnung stattfindet und wie die Eröffnungsbilanz (irgendwo in den Unterlagen genannt) der neuen Sunnetal AG lautet. Die Gesamtkosten für die Gemeinde hätten in einer einzigen Zahl beziffert werden können. So aber ist die Vorlage intransparent und für viele Stimmberechtigte schlicht nicht überschaubar.
Fazit: So kommt die Sache richtig teuer, weshalb die RPK die Vorlage auch ablehnt.
Der GR riskiert durch sein Vorgehen die Ablehnung der Vorlage, was im Grundsatz
schade ist, aber selbstverschuldet. Zurück auf Feld 1.
In den FAQs meint der GR im Falle einer Ablehnung des Geschäftes an der Urne: «Die Evaluierung einer neuen Rechtsform würde umgehend fortgesetzt». Das ist das Demokratieverständnis unseres Gemeinderates und erinnert an vergangene Abstimmungen. Schöne Aussichten!