Sind wir noch bei Sinnen?

Seit vielen Jahren produzieren unsere gut bezahlten «Eliten» in Wirtschaft und in Politik kostspielige Pleiten, für die sie persönlich kaum je zur Rechenschaft gezogen werden oder gar bezahlen. Erinnert sei nur an die Swissair, die UBS oder an die Crédit Suisse. Oder beim Bund: Drohnen-Flop, mehrere Informatik-Projekte, sündhaft teure «Duro»-Werterhaltung oder die «Fixpreis»-Pleite bei der Kampfjet-Beschaffung.

(Symbolbild)

Am Schluss zahlt immer der Steuerpflichtige. Natürlich auch im Kanton Zürich, wo wir seit Jahren immer neue Schauergeschichten vom Universitätsspital Zürich (USZ) lesen müssen.

Das neueste Kapitel handelt von der Beschaffung eines Klinik-Informations-Systems (KIS) parallel mit dem finanziell angeschlagenen Kinderspital (Kispi).

Das USZ arbeitet mit einem bewährten Schweizer System: KISIM der Zürcher Firma Cistec, mit welchem auch die Mehrheit aller Deutschschweizer Spitäler arbeitet. Nach über 20 Jahren mit nur punktuellen Aktualisierungen ist dies beim USZ allerdings in die Jahre gekommen, so dass sich das Spital zu einer Neu-Ausschreibung entschied. Cistec bot hierauf für ca. CHF 50 Mio eine Neuausrichtung der Installation inklusive der Entwicklung aller in der umfangreichen Ausschreibung geforderten Module an.

Gleichzeitig ging mindestens ein weiteres Angebot der amerikanischen Firma Epic Systems ein: In Höhe von CHF 94.8 Mio für einen Zeitraum von 10 Jahren. Dieses Angebot wurde vom Spitalrat auf Antrag der Spitaldirektion angenommen, obwohl hier zusätzlich zu den Mehrkosten durch die Software selbst noch ein erheblicher, nicht näher bezifferter Aufwand an Umschulungen der Personals und Umstrukturierungen der IT-Systeme zu Buche schlägt.

Beim Lesen der öffentlich bekannten Fakten leuchten bei mir aufgrund der enormen Preisdifferenz und der geopolitischen Lage alle roten Lampen, obwohl ich in dieser Thematik fachlich nicht mitdiskutieren kann. Angesichts der zahlreichen, anhaltenden Fehlleistungen in der Führungsebene des USZ – die nun diesen Entscheid traf – erlaube ich mir dennoch, meine Zweifel an der Qualifikation der involvierten Personen zum Ausdruck zu bringen:

  • Ist die gewählte IT-Lösung derart viel besser, dass sie einen wesentlich höheren Preis rechtfertigt?
  • Ist das auch ein «Fixpreis» im amerikanischen Verständnis? Beim Berner Inselspital, das mit der amerikanischen Software arbeitet, sind die Initialkosten laut Zürcher Parlamentariern von CHF 83 Mio auf CHF 150 Mio geklettert und der Zeitpunkt der Einführung wurde mehrere Male um Jahre verschoben – die Firma Cistec dagegen wurde bei den Einführungen stets für die Einhaltung der Termine und der Kosten gelobt.
  • Das USZ schreibt u. a.: «…und wird vom USZ aus eigenen Mitteln finanziert».
    Gleichzeitig wurde vom Kantonsrat ein Verpflichtungskredit über CHF 690 Mio zur Finanzierung des Neubaus Mitte 1 und 2 des Universitätsspitals mit entsprechender Umwandlung in Dotationskapital gesprochen, bis eine maximale Eigenkapitalquote von
    60 % erreicht ist. Das heisst, dass die Staatskasse, also wir alle, hunderte Millionen Franken einschiessen. Wie kann man in einer solchen Lage mutmasslich ca. CHF 50 Mio mehr aufwenden als für eine Softwarelösung, die jüngst von den St. Galler Spitälern und vom Spital Limmattal eingeführt worden ist?
  • Weiter schreibt das USZ: «Die Vergabe erfolgte mit einer hohen Sensibilität für die Sicherstellung des Datenschutzes». Da gibt es doch den von Präsident Trump 2018 unterschriebenen «Cloud Act», wonach amerikanische Softwarefirmen sämtliche Daten an die US-Behörden liefern müssen – egal wo diese gespeichert sind oder wem sie gehören.
    Schweizer Datenschützer haben sich ausnahmslos skeptisch dazu geäussert, zweifellos zu Recht. Unglaublich: jede KMU weiss, dass bei Fernwartung der Hersteller Zugriff auf gespeicherte Daten haben muss.
  • Vor dem Hintergrund der unter Druck kommenden Staatsfinanzen und des zunehmend unberechenbaren und für uns ungünstigen Wirkens der amerikanischen Regierung ist die Handlungsweise des USZ völlig inakzeptabel. Die Forderung muss daher lauten:

Übungsabbruch, Austausch der Spitalleitung, Orientierung nach der Schweiz und/oder nach Europa, Neuanfang und Kontrolle durch die zuständigen kantonalen Behörden.

Verwendete Quellen:

NZZ vom 22. September 2025 (Bezahlartikel)
https://www.usz.ch/fuer-patienten-und-mitarbeitende-usz-investiert-in-ein-modernes-klinikinformationssystem/
https://www.die-tribuene.ch/
https://www.spital-limmattal.ch/patienten/blog/2024/02/16/limmich-das-kis-projekt-nimmt-fahrt-auf/

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