Schutzwürdigkeit geht kommunaler Volksabstimmung vor

Medienmitteilung vom Zürcher Heimatschutz vom 28. September 2023

In Fällanden droht Ähnliches, wie in der Stadt Illnau-Effretikon erst kürzlich geschehen ist. Die Stimmbürger von Fällanden werden am 22. Oktober 2023 in einer Grundsatzabstimmung zu Neubau oder Sanierung des Gemeindehauses Stellung nehmen. Entscheiden sich die Bürger für den Neubau und damit für den Abbruch des Gemeindehauses, könnte dieser Entscheid allenfalls nicht umsetzbar sein, wenn das architektonisch wertvolle Gemeindehaus unter Denkmalschutz gestellt werden müsste.

Beim aus den Siebzigerjahren stammenden Gemeindehaus von Fällanden handelt es sich um einen Zeugen des typischen Baustils der Bauboomjahre zwischen 1960 und 1980. Das Gebäude ist ein zeittypischer, eindrücklicher, sorgfältig gestalteter Sichtbetonbau. Für die Volksabstimmung vom 22. Oktober 2023 empfiehlt der Gemeinderat von Fällanden die Neubau-Variante, die den Abbruch des Gemeindehauses zur Folge hätte, und die Rechnungsprüfungskommission die Variante B, d. h. die Erhaltung und Sanierung des Gebäudes. Das Gemeindehaus könnte angesichts seiner Bedeutung für den Baustil seiner Zeit allerdings alle Kriterien erfüllen, die verlangen, dass es unter Denkmalschutz gestellt werden muss. Selbst der Gemeinderat erwähnt in seiner Weisung zur Urnenabstimmung den besonderen Baustil des Gebäudes und spricht von einer «gewissen Schutzwürdigkeit». Er führt weiter aus, dass das Haus nicht im Denkmalschutzinventar verzeichnet sei. Das ist angesichts des Selbstbindungsgebots der öffentlichen Hand auch nicht nötig. Korrekt verweist der Gemeinderat auf dieses Gebot, was bedeutet, dass Gebäude, die Eigentum der öffentlichen Hand sind, auch bei fehlendem Eintrag im Inventar als potenziell schutzwürdig gelten können. Die öffentliche Hand ist unabhängig davon verpflichtet, die Schutzwürdigkeit ihrer Gebäude abzuklären und gegebenenfalls zu beachten.

Trotz eines Gutachtens, das der Gemeinderat offenbar in Auftrag gegeben hat, hat er über die Schutzwürdigkeit des heutigen Gemeindehauses bisher nicht entschieden. Er versichert in der Weisung zur Volksabstimmung hingegen, dass er bei einem positiven Volksentscheid zur Variante A, die den Abbruch des Gemeindehauses zur Folge hätte, auf Schutzanordnungen verzichten werde. Dieser Entscheid steht freilich nicht im freien Belieben des Gemeinderates. Er muss sich vielmehr an das übergeordnete Recht von Bund und Kanton halten. Auch eine Abstimmung der Stimmberechtigten erlaubt einer Behörde nicht, ein schutzwürdiges Gebäude kurzerhand abzubrechen. Dies hielt erst kürzlich das Zürcher Baurekursgericht in seinem Entscheid vom 8. März 2023 zu einem Abbruch eines Hauses in Illnau-Effretikon fest. Das Gericht bestätigte nach der Volksabstimmung die Schutzwürdigkeit des Gebäudes, was einen Abbruch verunmöglicht (BRGE III Nr. 003472023 vom 8. März 2023). Gleiches droht nun bei einem positiven Volksentscheid zur Variante A in Fällanden. Es ist keineswegs auszuschliessen, dass das Zürcher Baurekursgericht einen Abbruch des Gemeindehauses von Fällanden wie in Illnau-Effretikon verbieten könnte, da vieles dafür spricht, dass das Gebäude als architektonisch wertvoll und für den Baustil der Boomjahre typisch unter Denkmalschutz zu stellen ist. Es besteht durchaus die Unsicherheit, dass das Gericht das öffentliche Interesse am Erhalt des Hauses höher gewichten könnte als andere öffentliche, namentlich planerische Interessen.

Rückfragen an:
Claudia Schoch,
Medienbeauftragte des Zürcher Heimatschutzes (ZVH)
claudia.schoch@stplaw.ch
076 330 10 35

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